In der aktuellen Pandemiezeit sind die Natur und die Kultur in großer Gefahr. Statt in Naturschutz, Kultur, Bildung und Gesundheit zu investieren, wird nur mehr über das Virus geredet und es verbreiten sich Angst, Depressionen, Autoritätshörigkeit und Lethargie. Unsere Wirtschaft verlangt nicht nach stetem Wachstum, das tut nur die menschliche Gier. Jetzt ist die Wirtschaft gebremst. Acht von zehn Menschen im deutschsprachigen Raum wünschen sich laut Umfragen eine neue Wirtschaftsordnung.
Was wissen wir über die Ursachen der Pandemie? SARS, Schweinegrippe, MERS, Ebola und Covid-19 haben etwas gemeinsam: Die Erreger haben sich von Tieren auf den Menschen übertragen. Laut der Forschung ist das vermehrte Aufkommen sogenannter Zoonosen kein Zufall, sondern die Folge des gegenwärtigen Lebensstils der Menschheit.
Wir zerstören die Artenvielfalt. Forscher sagen uns, dass die Ursachen neuer Krankheiten die gleichen sind, die auch den Klimawandel verursachen. Tropischen Primärwald holzen wir ab für den Import von transgenem Soja für europäische Viehzuchtbetriebe. Wir legen immer mehr Flächen für die industrielle Landwirtschaft trocken. Die industrielle Intensivhaltung von Tieren, nach dem Prinzip der höchstmöglichen Rentabilität mit zu vielen Tieren auf engstem Raum, bietet Viren und anderen Erregern beste Bedingungen, um in kurzer Zeit das ganze Umfeld zu infizieren.
Krankheitserreger gab es schon immer und bis vor kurzem waren sie kein Problem. Nun holen wir sie durch Waldrodungen aus dem Urwald in die Zivilisation mit den bekannten Folgen. Urbanisierung und Mobilität beschleunigen deren Verbreitung.
Lösungen gegen Pandemien
Genügt es zu testen, zu impfen, zu isolieren, Masken zu tragen und Hände zu waschen? Sicher nicht, aber über andere Möglichkeiten oder gar Notwendigkeiten wird vor allem in den Medien kaum gesprochen.
Was jeder individuell tun kann: Sein Immunsystem stärken. Dieses wird durch Hygiene, sauberes Wasser, Luft, Sonnenschein, körperliche Bewegung, gesunde Ernährung, genügend Schlaf und durch seelische Faktoren wie Liebe, Geselligkeit und allgemeine Lebensfreude am besten unterstützt.
Was können oder müssen wir kollektiv tun und zwar sofort? Statt nur die Symptome zu bekämpfen, müssen die Ursachen angegangen werden: Erhalt der Artenvielfalt, nachhaltige Bio-Landwirtschaft, Gemeinwohlökonomie, Lösung des weltweiten Armutsproblems.
Die Politik sollte auf internationaler Ebene Maßnahmen ergreifen. Die International Simultaneous Policy Organization (Simpol) gibt uns eine überzeugende Methode, sie dazu anzuregen. Aber damit wir alle tatkräftig an den notwendigen Schritten mithelfen können und nicht alle Verantwortung auf Politiker, Wirtschaftsbosse und Experten abschieben, soll das Ziel sein, angstfrei leben zu können. Unsere Basisbedürfnisse sollten abgesichert sein. Die Lösung: ein bedingungsloses Grundeinkommen.
Nicht nur Gewinnsucht und Profitgier
Dies ist ein Einkommen für alle Bürger, das existenzsichernd ist und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Es besteht ein individueller Rechtsanspruch, der ohne Bedürftigkeitsprüfung und ohne Zwang zu Arbeit oder anderen Gegenleistungen garantiert wird. Es ist keine Sozialmaßnahme, sondern die Basis, um seine Fähigkeiten in Freiheit zu entwickeln und zum Wohle aller einsetzen zu können; es ist auch eine Absicherung, um in Würde zu leben, wenn man mal ganz ohne Ressourcen ist.
Es ist an der Zeit, dass Gerechtigkeit, Solidarität und Lebensqualität wieder Werte in der Gesellschaft werden, die wichtiger sind, als Gewinnsucht und Profitgier. Die grundlegende Idee von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wird im Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens verwirklicht. Wobei Freiheit in der Wissenschaft, Kunst und Kultur verlangt wird, Gleichheit und Gleichbehandlung im Rechtsstaat und Solidarität in der Wirtschaft.
Dass alle aufhören zu arbeiten, wenn sie ein bedingungsloses Grundeinkommen bezögen, ist falsch. Jeder gesunde Mensch hat das Bedürfnis, etwas Sinnvolles zum gesellschaftlichen Ganzen beizutragen; allein schon aus dem Grund, dass er dazugehören und anerkannt werden möchte.
Die Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens wurde mittlerweile vielfältig und facettenreich überlegt und seine Finanzierbarkeit bereits mehrfach bestätigt. Finanzierungsmöglichkeiten wären zum Beispiel eine Finanztransaktionssteuer, Konsumsteuern, CO 2 -Steuern oder Maschinensteuern. Geldschöpfung durch die Zentralbank und Verteilung an die Bürger eine weitere Option. Die Natur und die menschlichen Fähigkeiten stellen die Basis der Ökonomie dar; beides wird den Menschen vom Leben geschenkt. Jeder hat das Recht auf seinen Anteil. Eine Ausbezahlung in einer Regionalwährung könnte ebenfalls eine interessante Idee sein. Versehen mit einem Ablaufdatum könnte es den Geldfluss in der Region fördern, der lokal allen zugute käme.
Die Natur – die Basis des Lebens
Das bedingungslose Grundeinkommen ist jedoch keine neoliberale Sparmaßnahme. Das wäre ein Missbrauch des Begriffs. Es ist ein Kredit, um seine Fähigkeiten als wahrer „Arbeitgeber“ anbieten zu können. Es ist auch keine Geldfrage, sondern eine Bewusstseins- und Willensfrage. Die Natur ist die Basis für das Leben aller Wesen. Die Kultur ist die Basis des Menschseins. Die Naturschätze ermöglichen unser physisches Überleben, die Kultur ermöglicht die Aus- und Weiterbildung unserer persönlichen Fähigkeiten, jeder kann kreativ sein, etwas erschaffen.
Wir begannen diesen Text mit der Feststellung, dass die Natur und die Kultur in großer Gefahr sind. Was die Natur betrifft, sprachen wir über die Gefahren der industriellen Landwirtschaft und der Massentierhaltung. Was liegt also näher, wenn wir echt was ändern wollen, als die Bio-Bauern als die auszuwählen, mit denen man eine stufenweise Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens beginnen würde?
Bei ihnen stehen nicht der schnelle Höchstertrag und kurzfristige Gewinne im Vordergrund, sondern der Schutz von Boden, Luft, Wasser, Pflanze, Tier und Mensch. Weitgehend geschlossene Kreisläufe im Betrieb, umweltgerechte Verfahren, Vermeidung von Umweltgiften und tierartgerechte Haltungsformen sind in der Biolandwirtschaft die Norm.
Überall dort, wo mit Menschen, Tieren und Pflanzen gearbeitet wird – sei es in der Landwirtschaft, der Pflege oder der Bildung – bedeutet bessere Arbeit mehr Zeitaufwand, mehr Geduld, mehr Zuwendung und mehr Achtsamkeit. Extreme Konsequenzen des Rationalisierens, des alleinigen Wachstums- und Profitdenkens führen zu solchen Auswüchsen wie Pandemien, wie wir sie gerade erleben.
Die Grundlage des Menschseins
Das gilt selbstverständlich auch für die Kultur, die Basis des Menschseins. Die Kultur bezeichnet im weitesten Sinne alles, was der Mensch selbstgestaltend hervorbringt. Als Konsequenz der Maßnahmen in Zeiten der Pandemie sind viele Künstler und freiberufliche Kulturschaffende existenziell bedroht. Wären sie mit einem bedingungslosen Grundeinkommen abgesichert, würde das Recht auf eine freie kreative Meinungsäußerung enorm gestärkt. Nicht allein bei ihnen, sondern bei jedem Menschen, der seine Fähigkeiten nützt, so verschieden sie auch sein mögen, um sich in die Gesellschaft einzubringen.
Neben den Bio-Bauern sollten also auch alle Kulturschaffenden und Künstler ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten. Jeder Mensch ist ein Künstler, meinte schon der Künstler Joseph Beuys. Warum? Weil jeder Mensch Fähigkeiten hat, mit denen er an der Skulptur des sozialen Ganzen der Gesellschaft mitarbeiten kann. Darauf sollten wir nicht verzichten. Vor allem jetzt, da jedem Menschen klar sein sollte, dass wir einer unökologischen Wirtschaftsweise, dem weiteren Auseinanderklaffen von Arm und Reich, dem schädigendem Wachstum, dem Genuss möglichst billiger Konsumgüter und der Profitgier entgegenwirken müssen.
* Der Autor ist Dr. Phil., Autor, Psychologe und Psychotherapeut
Quellenhinweis: https://simpol.org