Das zentrale Kulturprojekt “soll ein Plus sein”, hält Valérie Quilez fest. Zusammen mit Diane Tobes leitet sie seit Februar “Kultur:LX”. Hier das erste Interview mit dem Duo.
Luxemburger Wort 24. Märtz 2021 Daniel Conrad
Gleich fünf Stellen sind aktuell für das neue Konstrukt zur Förderung der Kulturszene im In- und Ausland, dem „Arts Council“ Kultur:LX, ausgeschrieben: So schnell wie möglich wird ein oder eine „Responsable Communication“ gesucht, ein „Responsable Littérature et édition“ zum Einstieg am 1. Juni, sowie ein „Responsable Arts visuels“, „Responsable Spectacle vivant“ und „Responsable ajoint administratif et financier“ jeweils zum Arbeitsbeginn ab dem 1. Juli – einzusehen sind die Stellenbeschreibungen unter anderem bei der Plattform www.culture.lu.
Es ist die augenfälligste Entwicklung, seitdem die Doppelspitze von Kultur:LX – Diane Tobes und Valérie Quilez – die Geschäftsführung zum 1. Februar 2021 übernommen hat; und zeugt letztlich davon, dass die Strukturen Stück für Stück fester angezogen werden.
Das Ziel: im besten Falle nächstes Jahr aus der bisherigen Asbl das angestrebte Etablissement Public wachsen zu lassen. Dass dafür noch ein längerer Prozess über ein Gesetzesprojekt mit den entsprechenden Stationen durchlaufen werden muss, ist auch der Doppelspitze klar. Ein Text, der sich auch aus den Richtschnüren des einstigen Comité de pilotage ergeben habe, gäbe es für den Weg Richtung Chamber bereits. Wann der allerdings eingereicht wird? Offiziell keine Angabe.
„Das ist noch nicht spruchreif.“
Jo Kox, hier bei den Assises Culturelles 2018, steht dem neuen Komitee vor.
Arts Council: Comité de Pilotage steht
Wer generell als nicht direkt Beteiligter Diane Tobes und Valérie Quilez begegnet und sie nach publizierbaren weiteren Details zum Stand des zentralen Projekts im Rahmen des Kulturentwicklungsplans befragt, bekommt meist die Antworten: „Die Gespräche laufen.“, „Das ist noch nicht spruchreif.“, „Damit warten wir noch, um es zu kommunizieren.“.
Die Botschaft dahinter: Wir wollen das Heft in der Hand behalten – flankiert vom Wächter des Kulturentwicklungsplans, dem ersten Regierungsrat im Kulturministerium Jo Kox. Der forderte im Interview zu Kultur:LX Anfang des Jahres, den beiden Managerinnen Zeit zu lassen.
Förderstruktur “Kultur:LX”: Start in das Tagesgeschäft
Als Sklaven vieler Beteiligter unter politischer Wache in zu engen Entwicklungskorridoren sehen sie sich nicht. Aber der enge Austausch zum Beispiel mit dem Verwaltungsrat und anderen Partnern sei dennoch entscheidend.
Der Bürositz von Kultur:LX ist vorerst in Esch bei der Mannschaft des Exportbüros Music:LX, das bereits seit Januar in die Förderstruktur überführt wurde. Giovanni Trono ist damit auch der Sektorenverantwortliche „Musik“. Aber: Er und sein Team müssen ihren Arbeitskreis seither auch anpassen und überdenken. Ganz nach den Fragen: Wo muss der Musikbereich und welcher Teilbereich noch besser gefördert werden?
„Intensiver“ Einstieg
Und wie bewerten Tobes und Quilez ihren eigenen Einstieg? „Intensiv, mit vollgepacktem Terminkalender“, beschreibt Tobes den Alltag und die Anhäufung von Überstunden weit über die klassischen 40-Stunden-Woche hinaus.
Und sonst? Abtasten, sich vorstellen. Wem? Den Trägern an der Spitze der Vereinigungen, der Kulturfunktionäre und den Künstlerinnen und Künstlern. Es gehe um das Bild der Situation und die Erwartungen der einzelnen Kultursektoren. „Kultur:LX wird mit Spannung erwartet. Damit das Hand in Hand geht, müssen wir uns mit den Verantwortlichen auf dem Terrain zusammensetzen und schauen, was wirklich von Belang ist, auf welche Initiativen wir aufbauen und wo wir unterstützen können. Wo gibt es Überschneidungen, was kann kurzfristig besser gelöst werden, was braucht länger oder mehr Fokus?“, so Tobes.
Anne-Mareike Hess nimmt in diesem Jahr auch ihr Stück “Warrior” wieder auf.
Kulturszene startet hungrig ins Jahr 2021
35 Termine seien es für das Duo bisher gewesen – quer durch alle Sektoren. „Wir sind auf einem Marathon zu einer Struktur, die langfristig dem Kulturbereich helfen soll. Und eben kein Sprint. Und wir sind uns der Verantwortung dazu auch bewusst.“ Denn letztlich sollen die Künstlerinnen und Künstler im In- und Ausland besser auffallen und ihre Karrieren weiter entfalten können. Kultur:LX soll dazu Fördermittel unterschiedlichster Quellen bündeln und das nationale und internationale Netzwerk verbreitern.
Das zentrale Argument: Wer als Künstler oder Institution sich schon um die Arbeit im eigenen Rahmen kümmern muss, kann nicht noch internationale Verdrahtungen und Prozesse ohne Hilfe leisten – das soll Kultur:LX erleichtern. Unter anderem eben mit den insgesamt sechs Sektorenverantwortlichen, die sich für die Luxemburger Musik, Bühnenkunst, Bildenden Kunst oder Architektur usw. einsetzen.
Jo Kox bei den Assises Culturelles 2016.
Ausgenutzter Vertrauensvorschuss
Das Feedback, so das Duo zu seinen Gesprächen, sei durchweg positiv – Misstöne, Misstrauen? Nein. Oder kommt das noch, wenn es wirklich in die Details geht? Die beiden agieren äußert vorsichtig und bleiben im Rahmen des Kultur:LX-Mantras: „Mit der Szene, für die Szene“.
„Bevor wir irgendetwas von uns einfach angekündigt haben, war es auch der Szene wichtig, dass wir zu allererst das Gespräch suchen und mit allen ins Gespräch kommen. Es geht nicht darum, Kompetenzen von den Institutionen und den Akteuren wegzunehmen, die sie bis jetzt getragen haben. Kultur:LX soll ein Plus sein; ein Plus finanziell, an Unterstützung, logistisch, im Marketing, übergreifender Promotion und als Schnittstelle zum Gedankenaustausch. Denn wenn wir eins gehört haben, ist das, dass dafür oft das Personal nicht reicht“, sagt Quilez und betont, dass die Rückmeldungen aus den Gesprächen in das Konzept der beiden Managerinnen, mit dem sie sich beworben haben, einflössen. Tobes ist verantwortlich mehr im nationalen Feld, Quilez für die Linien im internationalen – und beide gemeinsam, um gut den Startaufgaben gerecht zu werden.
Diane Tobes war unter anderem im Team des LuxFilmFest aktiv.
Diane Tobes war unter anderem im Team des LuxFilmFest aktiv.
Foto: Anouk Antony
Und dann sind da ja immer noch die Fragen, inwieweit in den Gremien, die letztlich die Fördersummen, Boursen und Residenzen vergeben, die Szene repräsentiert wird – auch um Bevorzugungen zu vermeiden. Auch das wird schwierig, wenn es schon in einigen Bereichen nur wenige Vertreter und Fachleute gibt.
So gibt es durchaus Erwartungsdruck; das geben die beiden zu. Besonders auch von den sprachmächtigen Sprechern an zentralen Positionen wie den Spitzen der Verbände oder von seit Jahrzehnten engagierten Gestaltern wie dem Galeristen und Entwickler der „Art Week“, Alex Reding, die man nicht nur mit Worten überzeugen muss, dass aus diesem Mammutprozess wirklich ein echtes, schlagkräftiges Schwert für die Tausenden Kulturschaffenden im Land wird. Die Leistungsfähigkeit und Ergebnisse der Szene, so Diane Tobes, machten sich durchaus eben – jenseits aller Inhalte – auch wirtschaftlich bemerkbar; und damit gilt es, sie zu fördern. Mit gleich fünf neuen Posten könnte dann dennoch gleich das Vorurteil wieder hochkommen: „Das wird ein Bürokratiemonster.“
Für das Duo ist es das Gegenteil: Es sei die Mindestausstattung, die in den Leitlinien vereinbart wurde – und man achte sehr darauf, dass das Geld in die Szene fließt, so der Tenor des Duos, das Aufgaben wie eben die Kommunikation und die Buchhaltung bisher auch mitleistet. Ganz davon ab, dass auch flankierende Maßnahmen wie die Rolle der diplomatischen Kulturmissionen der Luxemburger Botschaften und des Außenministeriums mit zur aktuellen Diskussionsarbeit für das Duo gehören.
Posten werden besetzt
Wer wird sich nun um die strategisch unterstützenden Posten mit Aufbaumentalität bewerben? Ist die aktuelle Position der ehemaligen „Land“-Journalistin Josée Hansen im Kulturministerium nicht auch die ideale Basis für den Wechsel in einen der Führungsposten? Zumindest wird in den Ausschreibungen generell eine langjährige Erfahrung auf ähnlichem Posten gefordert– und möglichst ein Kulturmanagement-Studiengang.
Marc Rettel, Programm-Manager von „Reading Luxembourg“, koordiniert die Mühen um das Luxemburger Buch.
Luxemburg und die Buchmesse: Sichtbar bleiben!
Marc Rettel, der aktuell noch das ebenfalls in Kultur:LX eingegliederte Buchbranchenförderprogramm „Reading Luxembourg“ managt, soll letztlich nicht in die Buchsparte der Förderstruktur überwechseln, sondern sich verstärkt um die Verbindung zum europäischen Netzwerk „Creative Europe“ kümmern, das Rahmenprogramm der Europäischen Kommission zur Unterstützung der Kulturbranche, so Tobes und Quilez.
Wann die beiden letzten Sparten-Verantwortlichen für „Architecture, design, arts appliqués, métiers d’art“ und „Arts multimédias et arts numériques“ gesucht werden und eingestellt werden sollen, ist noch nicht bekannt.